SDN-Lösungen und -Services in Deutschland Großanbieter drängen in den SDN-Markt
Die großen TK- und Infrastrukturanbieter haben in den vergangenen zwölf Monaten erkennbar damit begonnen, klassische Netzwerktechnologien durch SDN-Lösungen und -Services zu ersetzen. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktueller Anbietervergleich des IT-Marktforschungs- und Beratungshauses ISG.
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ISG (Information Services Group) habe für die 3. Auflage der Studie „ISG Provider Lens Germany 2018 – Software-Defined Networking and Services“ 60 Anbieter bewertet und dabei festgestellt, dass die großen Anbieter ihre Managed WAN Services auf SDN umstellen.
Vom Volumen her sei das Geschäft mit Managed WAN Services das mit Abstand größte der in der Studie untersuchten Teilmärkte. Aufträge von international operierenden Großunternehmen würden sich zum Teil auf dreistellige Millionenbeträge belaufen. Im vergangenen Jahr hätten die großen Carrier noch fast ausschließlich herkömmliche Managed WAN Services auf Basis von MPLS (Multi Protocol Label Switching) angeboten. Bei der Recherche für die aktuelle Studie beobachteten die ISG-Analysten nun, dass auch die großen Anbieter SDN-Lösungen mittlerweile prominent vermarkten würden. Es gebe kaum noch Angebote, bei denen SDN-Technologie keine Rolle mehr spiele.
An SDN führt kein Weg mehr vorbei
„Bis vor Kurzem hielten sich die großen Telekommunikationsanbieter wegen der hohen notwendigen Investitionen und unklarer Auswirkungen auf bestehende Geschäftsfelder noch zurück“, sagt Henning Dransfeld, Lead Advisor der Studie bei ISG. „Hinzu kommt, dass die SDN-Technologie es ermöglicht, MPLS-basierten Datentransport in der Bandbreite zu reduzieren oder sogar ganz durch deutlich günstigeren Transport über das Internet zu ersetzen. Doch mittlerweile haben die Anbieter keine Wahl mehr, da sie ohne entsprechende SDN-Lösungen in Gefahr geraten, Marktanteile zu verlieren.“ Zumal die SDN-Technologie die passende Antwort auf sich fundamental ändernde Anwendungsszenarien sei, die z.B. verstärkt Mobile Computing und Homeworking aufweisen. Ferner ermögliche SD-WAN eine flexiblere und schnellere Anbindung von Standorten als bisher bei MPLS.
Andere neue Anbieter stehen laut Dransfeld bereit, den Bedarf an SDN-Lösungen zu decken: „Die klassischen Carrier befinden sich nun in Konkurrenz mit Anbietern, die Ausrüstung verkaufen, mit denen die Unternehmen ihre SD-Netze selbst managen können, anstatt Managed Services zu buchen. Deshalb sind die großen Infrastrukturanbieter nun aktiv geworden, um einen großen und lukrativen Markt nicht komplett aufs Spiel zu setzen.“
Unternehmenskunden mit einer umfassenden SD-WAN-Installation seien bislang jedoch sehr dünn gesät. Mehrere Unternehmen, die im Rahmen dieser Studie befragt wurden, seien noch mit Pilot- oder Proof-of-Concept-Projekten beschäftigt, so Dransfeld. „Andere sind gerade dabei, diese produktiv zu stellen. Wir gehen bei ISG deshalb davon aus, dass sich viele der derzeit noch als Product oder Market Challenger positionierten Unternehmen in den nächsten zwölf Monate verbessern und Führungspositionen in ihrem jeweiligen Marktsegment einnehmen werden.“
Die ISG-Studie habe sieben Teilmärkte untersucht: SDN Services, Managed SD-WAN Services, SD-WAN Equipment & Services, SD-WAN Services (do it yourself), Network Services (Value Added Services), Managed WAN Services und Mobility 4G/5G Services. Hierbei seien die Analysten zu folgenden Erkenntnissen gelangt:
SDN Services
Cloud Computing, mobile Business-Applikationen, Industrie 4.0, Big Data und Infrastructure-as-a-Service (Iaas) benötigen eine flexible Netzwerkumgebung, die mit geringem Personalaufwand und einem Minimum an menschlicher Interaktion auskommt. Dies gewährleisten SDN-Architekturen, die zudem über SDN-fähige Schnittstellen von anderen Anbietern genutzt werden können. Für die ISG-Studie zeigten nur zwei traditionelle Managed Service Provider hier die erforderliche technische SDN-Leistungsfähigkeit, um als Leader positioniert zu werden.
Managed SD-WAN Services
Managed SD-WAN Services stellen oft eine direkte Alternative zu den bisherigen gemanagten WAN-Services dar. Die ISG-Studie fand heraus, dass sowohl Anbieter von Managed Network Services (MNS) als auch traditionelle IT-Dienstleister ein Auge auf das WAN-Geschäft mit Unternehmenskunden geworfen haben. MNS-Anbieter vermarkten inzwischen zunehmend aggressiv vollständige SD-WAN Services als Zusatzdienste, Ersatzdienste oder Alternativen zu traditionellen Managed-WAN-Lösungen. Auch wenn SD-WAN noch in der Frühphase steckt, erwartet ISG, dass zwischen 2018 und 2021 die Nutzung stark steigt, da viele Unternehmen nach einer Managed-Service-Alternative für ihre WANs suchen.
SD-WAN Equipment & Services
Im Markt für SDN-Ausrüstung und -Services beobachtete der ISG-Anbietervergleich einen möglichen Paradigmenwechsel: Deutsche Unternehmen könnten von den Anbietern in diesem Marktsegment dazu gebracht werden, das Netzwerkmanagement im Rahmen ihres Wechsels zu SD-WAN wieder selbst zu betreiben.
SD-WAN Services (do it yourself)
Mit SD-WAN-Einführungen können Unternehmen erhebliche Kostensenkungen erreichen. Sie können sich zudem von Teilen ihrer kostenintensiven, starren MPLS-Verbindungen trennen. Die Kunden sind nicht mehr an einen Carrier gebunden, sondern können individuell über einen Colocation-Hub-Anbieter kurzfristig eine für sie optimale Verbindung beauftragen. Zwar befindet sich SD-WAN der ISG-Studie zufolge noch in den Kinderschuhen, aber das Interesse in Deutschland nimmt zu.
Network Services (Value Added Services)
Zusätzlich zu den eigentlichen „Kern-WANs“ bieten die Provider oft Mehrwertdienste an, die sie als Zusatzpakete verkaufen. Dazu zählen: Managed Network Services (LAN), Managed Networks & Devices, Managed Connectivity & Performance sowie UCC-Services. In diesem Marktsegment stellte die ISG-Studie u.a. fest, dass zahlreiche Anbieter Managed-LAN-Services mit UCC-Services verbinden.
Managed WAN Services
Die traditionellen MPLS-basierten Managed-WAN-Services sind aufgrund der Wertversprechen von SD-WANs immer mehr unter Druck geraten. Das wird sich der Einschätzung der ISG-Analysten zufolge wohl auch in den nächsten 24 Monaten nicht ändern. Sie gehen jedoch davon aus, dass MPLS-Netze in den nächsten Jahren nicht komplett durch softwarebasierte Netze abgelöst, sondern bis 2021 um SD-WAN-Technologien als Hybridlösung ergänzt werden.
Mobility 4G/5G Services
5G-Netze sollen u.a. eine zuverlässigere und hochvolumige Maschinenkommunikation ermöglichen. Hinzu kommen niedrigere Latenzzeiten, weniger Batterieverbrauch sowie die Einbeziehung von Industrie-4.0-Anwendungen. ISG stellte im Rahmen des Anbietervergleichs jedoch fest, dass bei den meisten Netzbetreibern größere Investitionen wohl erst nach 2020 anstehen. Deshalb betrachten die meisten Unternehmen 5G derzeit noch als ein langfristiges strategisches Vorhaben.
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