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Single Pair Ethernet vs. 100BASE-T und 1000BASE-T SPE und Industrial-Ethernet im Vergleich

Von Thomas Mauer [Red.: Kirstin Rinortner]

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Haben Sie Single-Pair Ethernet (SPE) auf dem Schirm? Nachdem diese Technik ursprünglich im Automobilmarkt viel Aufmerksamkeit fand, setzt sie sich inzwischen in der Fabrikautomation noch stärker durch. Ein Überblick zu SPE und Beispiele für die Integration in Produkte.

Industrieautomation: Produktionslinie mit Roboterarmen in einer Fabrik.
Industrieautomation: Produktionslinie mit Roboterarmen in einer Fabrik.
(Bild: ©Vladimir Vydrin - stock.adobe.com)

Industrial Ethernet dient zum Austausch von Daten zwischen speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) und den in der Fabrik verteilten Feldgeräten, zu denen Servoantriebe, Sensoren und Aktoren gehören.

Die meisten Industrial-Ethernet-Netzwerke basieren auf 100BASE-TX Ethernet, das eine Übertragungsrate von 100 MBit/s erreicht und auf Ethernet-Kabel der Kategorie 5e mit vier Adern (zwei Leiterpaaren) basiert. Neuere Industrial-Ethernet-Netze kommen mit 1000BASE-T auf Datenraten bis zu 1000 MBit/s und nutzen alle vier Adernpaare (also insgesamt acht Adern) von CAT.-5e-Kabeln. 100BASE-TX und 1000BASE-T Ethernet unterstützen Kabellängen bis zu 100 m zwischen zwei Ethernet-Segmenten (PHYs).

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SPE verwendet ein Aderpaar (also zwei Adern) zur Übertragung von Ethernet-Frames über ein Kabel. SPE ist oberhalb der Bit-Übertragungsschicht (Physical Layer, PHY) kompatibel zu bestehenden Industrial-Ethernet-Technologien mit 100 bzw. 1000 MBit/s und ergänzt diese somit. Abhängig von der Ethernet-Übertragungsrate kann SPE in Ethernet-Segmenten mit Kabellängen bis zu 1 km eingesetzt werden.

Bild 1 verdeutlicht die Datenraten und die benötigten Aderpaare der einzelnen Ethernet-Technologien.

SPE bietet mehrere Vorteile hinsichtlich der Verwendung der Ethernet-Technologie:

  • Es hilft, die Datenbandbreite bestehender Zweidraht-Kommunikationstechniken wie Controller Area Network (CAN), Process Field Bus (PROFIBUS), 4-20-mA-Stromschleife oder Foundation Fieldbus unter Beibehaltung der vorhandenen Kabelinfrastruktur aufzustocken.
  • Es sorgt in Umgebungen mit hohem Störaufkommen für eine betriebssichere Kommunikation, indem die übertragenen Nachrichten mit einer Frame-Check-Sequenz geschützt werden.
  • Es sichert die Nachrichtenübermittlung per Verschlüsselung.
  • Es reduziert den Verkabelungsaufwand, sodass weniger Kupferkosten entstehen und das Gewicht neuer Installationen gesenkt wird.
  • Es macht die Ethernet-Technik in Anwendungen mit beengten Platzverhältnissen (z. B. Roboterarmen) nutzbar.

Industrial Ethernet: Die Knoten

Betrachten wir nun einen Industrial-Ethernet-Knoten bestehend aus einem Applikationsprozessor, einem Media Access Controller (MAC) und einem Ethernet-PHY-Transceiver (Bild 2).

Industrial Ethernet erfordert eine spezielle MAC-Implementierung, um die Zustellung von Prozessdaten innerhalb einer vorgegebenen Zykluszeit für den Datenaustausch zu garantieren. Industrial-Ethernet-Prozessoren wie die Prozessoren der Sitara-Familie von Texas Instruments können im MAC mit mehreren Industrial-Ethernet-Protokollstandards arbeiten. Die physische Ethernet-Technologie wird ausschließlich in Schicht 1 (Bit-Übertragungsschicht bzw. Physical Layer) des OSI-Modells (Open System Interconnect) definiert.

Die Implementierung von SPE erfolgt mithilfe eines speziellen Ethernet-PHY auf Schicht 1. Die Ethernet-Frames werden über das Media-Independent Interface (MII)/Reduced MII/Reduced Gigabit MII zwischen MAC und PHY übertragen. Der im Media Data Input/Output Interface verwendete Applikationsprozessor fungiert als Sideband-Schnittstelle zum Steuern der Registerkonfiguration des PHY-Geräts.

SPE-Standards für unterschiedliche Übertragungsraten

Es gibt mehrere SPE-Standards für unterschiedliche Übertragungsraten und -distanzen:

IEEE 802.3cg – 10BASE-T1 mit einer Übertragungsrate von 10 MBit/s und Distanzen bis 1000 m: Diese Variante wird genutzt für abgesetzte Sensoren und Aktoren mit geringem Datenaufkommen. Bisher wurde dieser Standard mit analogen Bauelementen implementiert, etwa 4-20-mA-Stromschleifen, wie sie für Prozess- und Automatisierungsaufgaben in Fabriken verwendet werden. Er ermöglicht die Weiterverwendung bestehender Zweidraht-Kabelinfrastrukturen.

IEEE 802.3bw – 100BASE-T1 mit 100 MBit/s und Distanzen bis zu 15 m: Dieser Standard wird genutzt für Sensoren, Aktoren und Servoantriebe mit typischen Datenaustausch-Zykluszeiten zwischen 31,25 µs und 4 ms. Er ist geeignet für Anwendungen in der Fabrikautomation mit geringeren Kommunikationsdistanzen und Roboter und hat eine geringere Reichweite als 100BASE-TX-Ethernet. Die Verkabelungskosten beispielsweise im Arm eines Robotersystems sind reduziert.

IEEE 802.3bp – 1000BASE-T1 mit einer Übertragungsrate von 1.000 MBit/s und Distanzen bis 40 m: Dieser Standard wird eingesetzt für Bildsensoren mit hohem Datenaufkommen (z.B. IP-Netzwerkkameras). Derartige Anwendungen in der Fabrikautomation arbeiten mit geringeren Distanzen als 1000BASE-T Ethernet. Die Verkabelungskosten sind niedrig, da anstatt vier nur ein Leiterpaar benötigt wird.

Bild 3 vergleicht die Reichweiten und Übertragungsraten der verschiedenen SPE-Standards.

Sämtliche oben genannten IEEE-802.3-Spezifikationen unterstützen die Punkt-zu-Punkt-Kommunikation. Das IEEE arbeitet derzeit außerdem an einem Standard mit Multidrop-Unterstützung (mehrere Ethernet-PHYs an einem SPE).

Die für die 802.3-Normen entwickelten PHYs unterstützen in der Regel eines der T1-Protokolle und sind nicht abwärtskompatibel zu früheren Versionen der 802.3-Standards. Die PHY-Lösung muss gemäß dem jeweiligen Anwendungsfall ausgewählt werden. Erleichtert wird die Produktentwicklung durch die Tatsache, dass die PHY-Anbieter gelegentlich verschiedene pinkompatible Versionen zur Auswahl anbieten.

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Leistungs- und Datenübertragung

SPE ermöglicht auch die Leistungs- und Datenübertragung auf ein und demselben Aderpaar, was als Power over Data Line (PoDL) bzw. Advanced Physical Layer (APL) bezeichnet wird. Mit der PoDL/APL-Technik ist es möglich, einen abgesetzten, bis zu 1.000 m entfernten Sensor oder Aktor über das auch für die Datenübertragung genutzte Kabel mit Strom zu versorgen – ganz ähnlich wie bei der erwähnten 4-20-mA-Stromschleife.

SPE-Netzwerke können in Stern- oder Linientopologie oder als kombinierte Konfiguration mit Hub- und Switch-Einheiten realisiert werden.

Single Pair Ethernet: Beispiele für Implementierungen

Wenden wir uns nun einigen exemplarischen SPE-Implementierungen zu. Im ersten Beispiel geht es um einen Sensor oder Aktor mit geringer Datenrate wie in Bild 4, eingesetzt in Automatisierungs-Anwendungen auf der Basis von 10BASE-T1 als Schnittstelle mit Distanzen bis zu 1000 m.

Da die Datenraten und Verarbeitungsgeschwindigkeiten in einem Sensor oder Aktor gering sind, lassen sich solche Systeme mit einem Mikrocontroller mit integriertem MAC realisieren. Der Sensor oder Aktor nutzt dabei einen externen 10BASE-T1 Ethernet PHY. Solche Lösungen sind in Punkt-zu-Punkt-Anwendungen verbreitet, in denen mehrere hundert Meter zwischen Steuerung und Sensor liegen. In der Regel werden sie nicht zu einer Linientopologie hintereinandergeschaltet. Für solche Anwendungen kommt PoDL oder APL in Frage, um unter Wiederverwendung der bestehenden Kabelinfrastruktur Geräte mit 4-20-mA-Stromschleife zu ersetzen.

Im zweiten Beispiel geht es um einen Servoantrieb, Sensor oder Aktor (Bild 5) mit den für Fabrikautomations-Anwendungen typischen Datenraten. Verwendet wird das 100BASE-T1-Interface mit Entfernungen bis zu 15 m.

Servoantriebe, Sensoren und Aktoren sind ein typisches Szenario, in dem Industrial-Ethernet-Protokolle wie Process Field Net (PROFINET) oder Ethernet/IP in Fabrikautomations-Netzwerken kommunizieren. Das Gerät besitzt meist einen 3-Port-Switch mit zwei physischen Ethernet-Ports und einem zur Applikation führenden Host-Port. Ein solches Gerät benötigt mehr Verarbeitungsleistung und eine spezielle MAC-Schnittstelle, sodass hier ein Mikroprozessor zum Einsatz kommt.

Beim dritten Beispiel handelt es sich um einen Media Converter (Bild 6), der als Brücke zwischen Zwei- oder Vierdraht-Ethernet und SPE fungiert.

Ein Media Converter besitzt keinen MAC. Stattdessen ist der T1 Ethernet PHY über das MII direkt mit einem Zwei- oder Vierdraht-Ethernet-PHY verbunden. Der Media Converter arbeitet wie ein Protokollwandler.

Fazit: Bei SPE gibt es Unterschiede auf Schicht 1, also der Bit-Übertragungsschicht bzw. dem Physical Layer (PHY) des OSI-Modells. Ab Schicht 2 aufwärts wirken sich die verschiedenen SPE-Standards dagegen nicht aus. Entwickler müssen die PHYs gemäß den Datenraten und Übertragungsdistanzen des jeweiligen Anwendungsfalls auswählen. Mit SPE ist der Netzwerkbetreiber in der Lage, die vorhandene Verkabelung weiter zu benutzen oder bei Neuinstallationen die Kabelkosten zu reduzieren. Da es per PoDL möglich ist, abgesetzte Geräte über das Datenkabel mit Strom zu versorgen, kann SPE analoge Schnittstellen durch ein paketbasiertes digitales Interface ersetzen.

Über den Autor

Thomas Mauer arbeitet als Systemingenieur Factory Automation and Control Systems bei Texas Instruments in Freising.

Dieser Beitrag stammt von unserer Schwesterpublikation Elektronikpraxis.

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