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Robuster Schmalbandfunk für das Internet der Dinge MIOTY zerhackt Telegramme für IoT

Autor / Redakteur: M.A. Dirk Srocke / Dipl.-Ing. (FH) Andreas Donner |

Neben Sigfox und LoRA taugt auch das vom Fraunhofer IIS entwickelte Protokoll MIOTY für IoT-Übertragungen im lizenzfreien Spektrum um 868 MHz. Das Verfahren soll deutlich robuster arbeiten als bisherige Lösungen – der Wettbewerb zweifelt das an und betont eigene Vorteile.

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BTI hat die vom Fraunhofer IIS entwickelte Technik MIOTY lizenziert und mit der Azure Cloud verbunden.
BTI hat die vom Fraunhofer IIS entwickelte Technik MIOTY lizenziert und mit der Azure Cloud verbunden.
(Bild: BTI)

Auf den ersten Blick wirkt das von Fraunhofer entwickelte Protokoll MIOTY wie ein Abklatsch bestehender Low-Power Wide-Area Networks (LPWAN), die im lizenzfreien Spektrum um 868 MHz operieren. Im Detail zeichnet sich die Lösung jedoch durch technische und wirtschaftliche Besonderheiten aus.

Die Eckdaten

Wie bei den ähnlich motivierten Ansätzen LoRa und Sigfox soll auch MIOTY nur sporadisch anfallende, kleine Informationshappen übertragen, zugleich aber besonders effizient funktionieren: Ein Sensor solle sich so etwa 20 Jahre mit einer einzigen Batterie begnügen.

Die per Ultra-Narrow-Band übermittelten Telegramme haben eine Größe zwischen zehn und 250 Byte, die Datenrate liegt laut Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) bei 407 Bit/s. Lizenznehmer Behr Technologies Inc. (BTI) gibt in einem Whitepaper derweil abweichende Werte an: Demnach benötige ein zehn Byte großes Datenpaket eine Übertragungszeit von 400 Millisekunden – das würde einer Datenrate von 200 Bit/s entsprechen.

Das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) wirbt mit einer Reichweite bis zu fünf Kilometern im urbanen Umfeld und bis zu 15 Kilometern in der Ebene. Das Link Budget der Lösung liegt bei 154 dB, die Empfangsempfindlichkeit bei -140 dBm. Auch eine Kommunikation mit beweglichen Objekten sei bis zu einer Geschwindigkeit von 120 km/h möglich.

In Sachen Sicherheit bietet MIOTY einen mehrschichtigen Ansatz. Damit Dritte den Inhalt der per MIOTY verschickten Telegramme auf Netzwerkebene nicht einsehen können, wird die Kommunikation über symmetrische Schlüssel (AES128) geschützt. Auf Anwendungsebene sollen vom Nutzer verwaltete Schlüssel eine durchgehende Ende-zu-Ende-Sichheit garantieren.

Die Besonderheiten

Als Alleinstellungsmerkmal von MIOTY nennen die Entwickler das vom Fraunhofer IIS patentierte Telegram-Splitting-Verfahren. Der zur technischen Spezifikation ETSI TS 103 357 (PDF) des European Telecommunications Standards Institute (ETSI) konforme Ansatz soll MIOTY besonders robust machen – Daten sollen also besonders zuverlässig weitergeleitet, Störungen von Sendern gleicher oder anderer Verfahren reduziert werden.

MIOTY zerteilt Datenpakete in zahlreiche kleinere Sub-Packets, die zu verschiedenen Zeiten und auf verschiedenen Frequenzen übermittelt werden. Dank kleinerer und verteilt verschickter Datenpakete sollen Kollisionen weitestgehend minimiert werden.

Damit die Gegenstelle (IoT-Hub) die Daten besser erkennen kann, wird jedes Sub-Packet mit einem eigenen Synchronisierungssymbol versehen. Dank einer vorwärtsgerichteten Fehlerkorrektur (Forward Error Correction) lassen sich Nachrichten auch dann wieder rekonstruieren, wenn lediglich die Hälfte der Sub-Packets ihr Ziel erreicht.

Die Architektur

Als Softwarelösung soll MIOTY unabhängig von der verwendeten Sendehardware funktionieren. Unterstützt werden Chipsätze von Texas Instruments, Silicon Labs und OnSemi. Jene Offenheit in Sachen Hardware müssen sich Lizenznehmer freilich mit einer individuell ausgehandelten Vereinbarung erkaufen, wie der kanadische Anbieter BTI.

Zu den Komponenten einer MIOTY-Infrastruktur gehören Sensoren, die Daten per Node an eine Hub genannte Basisstation weiterleiten. Die kann empfangene Informationen anschließend in die Cloud weiterleiten, wo Daten dann weiter aufbereitet werden.

Die MIOTY-Nodes wurden bereits für ARM Cortex M implentiert. Eine Portierung auf andere Architekturen ist jedoch auch angedacht.

Als Gegenstelle für MIOTY-Nodes agiert ein Hub mit überschaubarer Rechenleistung; Mindestvoraussetzung ist ein Atom- oder i3-Prozessor von Intel (x86). Eine einzige Basisstation solle bereits genügen, um (laut BTI) täglich Millionen Nachrichten zu bewältigen; das Fraunhofer IIS beziffert den Wert präziser mit 1,5 Millionen Messages pro Tag, respektive 65.000 pro Stunde.

BTI beschreibt zusätzlich eine nativ implementierte Schnittstelle zu Microsoft Azure. Über den Azure IoT Hub ließen sich Millarden von IIoT-Assets verbinden, überwachen und verwalten. Ein entsprechendes Starter Kit für Azure wurde im April 2018 auf der Hannover Messe vorgestellt.

Die Reaktionen

Seitens der Wettbewerber sieht man die Verheißungen von MIOTY naturgemäß skeptisch. So zweifelt Sigfox daran, dass MIOTY tatsächlich robuster als das eigene „etablierte, extrem energiesparende und global verfügbare LPWAN-Netz“ arbeitet. Sigfox setzt dabei übrigens wie MIOTY auf Ultra-Schmalband. Statt eines Telegrammsplitting kommt jedoch ein Frequenzsprungverfahren zum Einsatz: IoT-Devices verschicken Nachrichten dabei nacheinander auf drei zufällig gewählten Frequenzen. Für eine 12 Byte lange Nachricht werden dabei 2,08 Sekunden Übertragungszeig benötigt. Wie die konkurrierenden Ansätze von Sigfox und MIOTY im direkten Vergleich abschneiden, konnten wir allerdings von keinem der Anbieter in Erfahrung bringen.

Neben den reinen Übertragungsverfahren ist überdies das Ökosystem der jeweiligen Angebote zu betrachten. Während Sigfox als Netzbetreiber auftritt und bereits verschiedenste Dienste – beispielsweise zur Lokalisierung – mitbringt, müssen Nutzer von LoRa und MIOTY den Betrieb eigener Gateways/Base Stations selbst sicherstellen beziehungsweise einem Anbieter übertragen.

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