Interconnection via Satellit Internet für alle aus dem Weltall
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Low-Earth-Orbit-Satelliten (LEO) bieten große Chancen, um unterversorgte Regionen mit einem (besseren) Internetzugang auszustatten. Die Infrastruktur besteht aber nicht nur aus Satelliten. Betreiber benötigen auch die passende Interconnection am Boden.

Aktuell haben etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung schlechten oder gar keinen Zugang zu schnellem Internet. Eine Internetversorgung durch LEO-Satelliten bietet das Potenzial, auch Gegenden abseits der großen terrestrischen Datenautobahnen online zu bringen. Dort tut sich die Wirtschaft bisher schwer und es fehlt an geeigneten Internetzugängen, beispielsweise für Bildungseinrichtungen.
Die oft vorhandenen Kupferkabelnetze und allenfalls geostationäre Satellitenverbindungen führen zu Internetgeschwindigkeiten von weniger als einem Megabit pro Sekunde und einer Latenz (Reaktionszeit) von bis zu 400 Millisekunden, was vergleichsweise viel zu langsam ist. Die maximale Latenz für eine gute User Experience unserer heutigen digitalen Anwendungen liegt bei 65 Millisekunden oder weniger, was in Regionen mit guter Interconnection problemlos erreicht werden kann.
Satelliten: die Funkmasten des Weltalls
Um entlegene Regionen schnell und vergleichsweise günstig ans Netz zu bringen, bieten sich LEO-Satelliten an. Sie sind günstiger in der Konstruktion als geostationäre Satelliten und kabelgebundene Verbindungen. Neben den wirtschaftlichen Vorteilen haben LEO-Satelliten gegenüber Satelliten in höheren Umlaufbahnen noch weitere Vorteile, weil sie näher an der Erdoberfläche sind. Das bedeutet, dass die Daten nicht so weit transportiert werden müssen, was die Zeitspanne bis zum Ziel verkürzt und damit die Latenz für Nutzer auf der Erde reduziert. Gleichzeitig umkreisen LEO-Satelliten die Erde allerdings sehr schnell (mit Geschwindigkeiten von ca. 27.000 km/h), was bedeutet, dass eine größere Anzahl von Satelliten zusammenarbeiten muss und regelmäßige Handovers an Bodenstationen auf der Erdoberfläche erforderlich sind, um eine kontinuierliche Verbindung sicherzustellen.
Betrachtet man die Funktionsweise von LEO-Satelliten, so kann man sie als Analogie zur Mobilfunkinfrastruktur auf der Erde verstehen. Die LEO-Satelliten übernehmen eine ähnliche Rolle wie Mobilfunkmasten und kommunizieren mit einer Bodenstation auf der Erde. Der Satellit besteht aus einer Empfänger-Sender-Technologie in Form von kleinen Terminals, die eine Verbindung zwischen zwei beliebigen Punkten in Sichtweite herstellen können, mit einer Bandbreite im Gigabit-Bereich. Größere Geräte mit mehreren Daten-Streams können die Übertragungsbandbreite bis in den Terabit-Bereich steigern.
Die Bodenstation ist im Grunde genommen ein Rechenzentrum mit einem Uplink-Terminal auf dem Dach. Da LEO-Satelliten die Erde sehr schnell umkreisen, müssen stets genügend Satelliten vorhanden sein, um einen ununterbrochenen Zugang zu gewährleisten, mit genügend Zeit für die Bodenstation, um die Übergabe an den nächsten Satelliten abzuschließen, bevor der vorausgegangene Satellit am Horizont verschwindet.
Um auf die Analogie zu den Mobilfunkmasten zurückzukommen: Der Handover ist im Wesentlichen derselbe Mechanismus, der bei einem Mobiltelefon auftritt, das sich zwischen verschiedenen Sendemasten bzw. Funkzellen bewegt – zum Beispiel bei einer Fahrt auf der Autobahn. Der Unterschied im Fall von LEO-Satelliten ist, dass sich hier die Mobilfunkmasten (Satelliten) bewegen, während das Mobiltelefon (Bodenstation) stillsteht.
Unternehmen wie SpaceX erforschen derzeit die Optimierung der Satellit-zu-Satellit-Kommunikation mit Hilfe von Lasern, in Form von Free Space Optical Communication (FSOC). Die Technologie befindet sich noch in einem experimentellen Stadium, hat aber das Potenzial, Daten rund um den Planeten 25 bis 30 Prozent schneller als Glasfaser zu transportieren.
Vom Satellitennetzwerk zur Internetverbindung
Ein Satelliten-Netzwerkbetreiber alleine ist noch kein Satelliten-Internet-Provider. Einerseits muss die Anbindung an die abgelegene Community realisiert werden und andererseits muss das Netz aus Satelliten mit dem Internet verbunden werden. Jeder Betreiber eines Satellitennetzes muss sich außerdem mit anderen Netzen zusammenschalten, bevor er die Rolle eines ISPs aus dem Weltraum übernehmen kann.
In der Regel wird die Verbindung verschiedener Netze an einem Internet Exchange (IX) geschlossen – idealerweise in einem digitalen Knotenpunkt mit einem großen Ökosystem von Netzwerken, Cloud-Anbietern und Anbietern digitaler Infrastruktur. Dazu muss die Bodenstation des Satelliten-Internet-Providers per Glasfaser mit einem Rechenzentrum verbunden werden, das es dem Netzwerk ermöglicht, sich mit dem IX zu verbinden – entweder direkt dort oder über Hochgeschwindigkeits-Glasfaser mit einem IX-fähigen Rechenzentrum in der Nähe.
Internetknoten wie der DE-CIX bieten hervorragende Möglichkeiten für Satelliten-Internet-Provider, sich mit den relevanten Netzwerken zu verbinden, damit ihre Nutzer mit der geringsten Latenz auf das globale Internet zugreifen können.
Die Betreiber von LEO-Satellitennetzen sollten sich mit dem geografisch nächstgelegenen Hub verbinden, um Latenzen zu minimieren. Große Content- und Content-Delivery-Netzwerke werden die am meisten nachgefragten Inhalte an solchen Standorten zwischenspeichern, was bedeutet, dass auf diese Inhalte mit einer geringen Latenz zugegriffen werden kann.
Internetknoten können bereits heute die Infrastrukturbedürfnisse der gesamten Bandbreite von Weltraumnetzbetreibern, insbesondere LEO-Satellitenbetreibern, mit terrestrischer Zusammenschaltung unterstützen. Unternehmen wie SpaceX, Amazon, Facebook und Google treiben Satelliten-Internetprojekte voran, indem sie Dienste an Nutzer in entlegeneren Orten verkaufen, die sie terrestrisch nicht erreichen können. Daher werden die ersten Satelliten-Internet-Provider voraussichtlich die genannten Unternehmen sein. Nach und nach werden sich aber weitere Anbieter am Markt etablieren.
Das ist eine ähnliche Entwicklung, wie wir sie bereits bei Unterseekabeln gesehen haben. Facebook, Microsoft und Google haben schon vor langer Zeit damit begonnen, eigene Unterseekabel zu verlegen, während Content-Anbieter wie Apple und Netflix vor sechs bis sieben Jahren mit dem Aufbau eigener Netzwerke begonnen haben. Heute beginnen sogar Banken und andere Unternehmen mit dem Aufbau ihrer eigenen globalen terrestrischen Netzwerke.
Infrastruktur auf der Erde an abgelegenen Orten
Neben den Satelliten müssen natürlich auch die Endkunden am Boden an das Internet angebunden werden. Ein Rechenzentrum – selbst ein kleines Container-Rechenzentrum – kann dafür als Bodenstation fungieren, das dann über Kabel oder Mobilfunknetze mit den Netzen der Nutzer verbunden wird. In Entwicklungsgebieten mit hoher Bevölkerungsdichte, aber noch geringem Zugang zu den globalen Netzen, werden die Menschen und Unternehmen vor Ort davon profitieren, besser untereinander und mit der Außenwelt vernetzt zu sein. Örtliche Behörden könnten einen eigenen kleinen Internet Exchange für den lokalen Datenaustausch einrichten und Anreize für Satellitennetzanbieter schaffen.
Communities, die nicht über das nötige Interconnection-Know-how verfügen, können externe Hilfe in Anspruch nehmen, um ihren eigenen IX einzurichten und am Laufen zu halten. Interconnection-Anbieter wie DE-CIX können einen solchen lokalen IX schnell und agil als vollständig verwalteten Service einrichten. Das schafft die Voraussetzungen für die örtliche Community, ihr eigenes digitales Ökosystem aufzubauen.
Über den Autor
Dr. Thomas King ist seit 2018 Chief Technology Officer (CTO) bei DE-CIX.
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