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Single Pair Ethernet und Time-Sensitive Networking Sechs Gründe, die für Single Pair Ethernet sprechen

Von Chen Zhang [Red.: Kristin Rinortner]

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Single Pair Ethernet und Time-Sensitive Networking (TSN) ermöglichen eine vollständig digitalisierte Kommunikation mit einem einzigen Ethernet-Netzwerk vom Sensor bis in die Cloud. Doch welche Vorteile bringt SPE wirklich?

Single Pair Ethernet: SPE revolutioniert derzeit die industrielle Kommunikation und hat das Potenzial 
Feldbusse relativ kurzfristig zu verdrängen.
Single Pair Ethernet: SPE revolutioniert derzeit die industrielle Kommunikation und hat das Potenzial 
Feldbusse relativ kurzfristig zu verdrängen.
(Bild: Belden)

In den letzten 20 Jahren hat das Ethernet als Methode zur Vernetzung von Automatisierungssystemen und zur Übertragung von Daten aus dem Feld an das Netzwerk die Fabrikhalle erobert. Jetzt erlebt die Industrie mit Industrie 4.0 und IIoT eine weitere Revolution, bei der Echtzeitdaten von vernetzten Sensoren und Aktoren überwacht, gemeinsam genutzt und analysiert werden.

Dies ermöglicht technologische Fortschritte wie Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Digitale Zwillinge, die Ausfallzeiten durch vorausschauende Wartung verhindern und die Produktivität über automatisierte Prognosen und Bestandsverwaltung optimieren.

Single Pair Ethernet kurz zusammengefasst

Single Pair Ethernet (SPE) ist eine neue Ethernet-Technologie, die nur noch ein Adernpaar zur Übertragung von Daten und Leistung (Power over Dataline PoDL) benötigt, anstelle von derzeit vier Paaren. SPE wird aufgrund der Einfachheit und der damit verbundenen Reduktion von Gewicht, Platzbedarf und Installationsaufwand eine große Zukunft in der Industrie vorausgesagt.

Die durchgehende IP-basierte Kommunikation verändert die Verkabelung auf Basis der ISO/IEC11801 und die Verkabelungskomponenten Steckverbinder/Kabel. SPE bildet die zukünftige Infrastruktur für das „Internet der Dinge“ (IoT) und seinen industriellen Ableger (IIoT), also quasi vom Sensor in die Cloud.

Steckverbinderhersteller, Kabelspezialisten und Messtechniker treiben die Entwicklung und Standardisierung von Single Pair Ethernet voran. Derzeit gibt es zwei Lager: Das im Herbst 2019 gegründete SPE Industrial Partner Network mit mittlerweile 17 Mitgliedern unterstützt das Steckgesicht nach IEC 63171-6, das auf dem Vorschlag von Harting T1 Industrial basiert. Gründungsmitglieder sind Harting, TE Connectivity, Hirose, Leoni, Murrelektronik, Würth Electronic und softing IT network, seit der SPS 2019 gehören igus, Dehn, Helukabel, Molex, Amphenol ICC, Lütze, Escha, Perinet, EKF, Hirschmann Automotion and Control und Zheijang Zhaolong dazu.

Das SPE Technology Cluster unterstützt die in die Normierung eingebrachten Steckgesichter der IEC 63171-2 (Büroumgebung) und IEC 63171-5 (Industrieumgebung) von Phoenix Contact. Zum Cluster gehören neben Phoenix Contact, Weidmüller und Reichle & De-Massari und Fluke. Auch hier ist das Ziel, eine aufeinander abgestimmte Infrastruktur für Geräte, Steckverbinder, Leitungen und Messtechnik zu gewährleisten.

Warum Single Pair Ethernet – und warum jetzt?

Während herkömmliche verteilte Steuerungssysteme durch automatisierte Lösungen ersetzt werden, ist nur eine Technik auf physikalischer Ebene in der Lage, eine deutliche Kosten- und Platzersparnis, eine größere Abdeckung und eine verbesserte Leistung zu erzielen. Diese Technik ist unter der Bezeichnung Single Pair Ethernet (SPE) bekannt.

Industrielle Ethernet-Protokolle wie Modbus TCP/IP, EtherCAT, Ethernet/IP und Profinet haben die Kommunikation auf Routing- und Überwachungsebene deutlich verbessert. Ein Großteil der Kommunikation zwischen Geräten auf Feld-/E/A-Ebene erfolgt jedoch weiterhin über herkömmliche Feldbus-Protokolle wie Profibus, AS-Interface, Modbus, CANopen, DeviceNet, CC-Link und IO-Link, die mehrere getrennte und proprietäre Verkabelungsanlagen erfordern.

Herkömmliche Feldbus-Protokolle wurden lange für ihre zeitkritische und deterministische Datenübertragung gelobt. Beides stellt sicher, dass die richtigen Informationen genau zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort gesendet und empfangen werden, was für die Kommunikation in industriellen Steuerungs- und Automobilanwendungen von entscheidender Bedeutung ist.

Das vom IEEE entwickelte Time-Sensitive Networking (TSN) erfüllt diese Anforderungen ebenfalls dank Zeitsynchronisation und deterministischer Kommunikation über Standard-Ethernet.

Angesichts der steigenden Zahl von Sensoren und Aktoren auf Feld-/E/A-Ebene und dem steigendem Informationsbedarf werden herkömmliche Feldbusprotokolle schnell zum Engpass in der Automatisierungsumgebung, da sie aufgrund von begrenzten Verbindungslängen bei 10 bis 12 MBit/s an ihre Grenzen stoßen. Sobald mehr Verbindungen in Automatisierungssysteme und Maschinen integriert werden, nehmen sperrige Feldbuskabel zu viel Platz ein und erfordern eine kostspielige und anspruchsvolle Installation (oft in überfüllten Kabelkanälen).

Bild 1: Die Automatisierungsumgebung wandelt sich. Links ist die bisher geltende klassische 
Automatisierungspyramide zu sehen, die in die sogenannte Automatisierungssäule über geht.
Bild 1: Die Automatisierungsumgebung wandelt sich. Links ist die bisher geltende klassische 
Automatisierungspyramide zu sehen, die in die sogenannte Automatisierungssäule über geht.
(Bild: Belden)

Die Einführung von Single Pair Ethernet in Kombination mit TSN bildet die perfekte Gelegenheit für ein standardisiertes End-to-End-Ethernet-Netzwerk und eine vollständig digitalisierte Kommunikation. Endanwender profitieren davon, dass erheblich mehr Sensoren, Aktoren und E/A-Module auf der Feldebene eingesetzt werden können, die Daten aus dem Feld an die SPS über das Fertigungsnetzwerk in die Cloud auf die Applikationsebene von ERP-Systemen in Echtzeit weiterleiten.

Sechs Vorteile von Single Pair Ethernet

Mit einem einzigen Ethernet-Netzwerk vom Sensor bis in die Cloud ermöglichen SPE und TSN die Kontrolle über alle Netzwerkkomponenten, um das IoT in industriellen Umgebungen zu implementieren. Diese Technologien zielen außerdem darauf ab, die Investitionskosten um 80% zu senken und gleichzeitig langfristige Einsparungen durch eine Vielzahl von Vorteilen zu erreichen. Nachfolgend sind sechs wesentliche Vorteile von Single Pair Ethernet zusammengefasst.

  • Kompakte, leichtere Kabel mit 50% weniger Gewicht und Platzbedarf als herkömmliche Feldbuskabel sparen Platz in Robotern sowie in Wänden und Böden, ermöglichen eine ordentlichere, besser definierte Infrastruktur und reduzieren die Anforderungen an die Leistungs- und Temperatursteuerung.
  • Schnellere und einfachere Installation senkt die Material- und Arbeitskosten für neue Fabrikeinrichtungen und ermöglicht die einfache Integration von Feldgeräten, Sensoren und Aktoren in die vorhandene Ethernet-Umgebung ohne zusätzliche Gateways und Schnittstellen.
  • Potenziell eine zehn Mal bessere Reichweite und Geräteabdeckung mit der Fähigkeit, 10 MBit/s in Entfernungen von bis zu 1000 m zu unterstützen sowie eine zehn Mal höhere Übertragungsleistung mit zukünftigen Optionen für 1 GBit/s- und Multi-Gigabit.
  • Bus-Topologien ohne zusätzliche Stromleitungen über kurze Multidrop-Link-Segmente in Kombination mit Power over Data Lines (PoDL).
  • Einfache Leitungsverteilung mit dem Potenzial für die gemeinsame Nutzung von Kabeln, bei der ein gemeinsames Twisted-Pair-Kabel vier SPE-Kanäle in einem Kabel nutzen kann, und der Gesamtkostensenkung durch Bypass des Gateways.
  • Auf bewährten Standards basierte Kabel und Konnektivität mit austauschbaren M8- und M12-Plug-in-Steckverbinderschnittstellen, die die Anforderungen von M2I2C2E2/M3I3C3E3 erfüllen.

Schnelle Anlaufzeit in der Industrie erwartet

Die Entwicklung von Single Pair Ethernet wurde hauptsächlich von der Automobilindustrie vorangetrieben, die kleinere, leichtere Kabel mit hoher Bandbreite in Kfz-Kabelbaumsystemen benötigte. Frühe SPE-Standards wie 1000BASE-T1 (2015 IEEE 802.3bw) und 1000BASE-T1 (2016 IEEE 802.3bu) enthielten TSN, das eine niedrige deterministische Latenz und PoDL für die Remote-Stromversorgung von Geräten bot.

Nachdem die Industrie- und Prozessautomatisierung von diesen SPE-Leistungen erfuhr, wurde die IEEE P802.3cg 10Mbps Single Pair Ethernet Task Force gegründet. Ihr Ziel bestand darin, 10BASE-T1S mit kurzer Reichweite bei 10 MBit/s über mindestens 15m und 10BASE-T1L mit langer Reichweite über mindestens 1000 m zu entwickeln. Damit wurde eine attraktive Alternative zu herkömmlichen Feldbusprotokollen geschaffen, die sich für die Vernetzung von IIoT- und IoT-Geräten mit geringer Geschwindigkeit sehr gut eignet. Derzeit arbeitet die IEEE 802.3ch Task Force an Multigigabyte-SPE (2,5, 5 und 10 GBit/s), wobei die Ergebnisse in den nächsten Jahren zu erwarten sind.

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Die Nachfrage auf dem Markt in Kombination mit der Entwicklung der Standards verspricht eine rosige Zukunft für Single Pair Ethernet, in der das industrielle Ethernet im Laufe der nächsten fünf Jahre die traditionelle Feldbuskommunikation deutlich übertreffen wird.

Belden rechnet für SPE in den ersten fünf Jahren mit einer hohen Anlaufzeitrate von 2 bis 3 Millionen Installationsknoten, gefolgt von einem exponentiellen Wachstum. Die steigende Verbreitung intelligenter, vernetzter Geräte, die durch Industrie 4.0 und IIoT begünstigt wird, bietet in Kombination mit einer physischen SPE-Ebene eine deutliche Kostensenkung, Platzersparnis, größere Abdeckung und verbesserte Leistung.

Chen Zhang.
Chen Zhang.
(Bild: Belden)

Teilnehmer in der gesamten Wertschöpfungskette – von den Entwicklern der Sensoren und Aktoren über Innovatoren in der Automatisierung und Robotik bis hin zu jenen, die die nächste intelligente Fabrik aufbauen möchten – benötigen die nötige Technik-, Produkt- und Anwendungsfachwissen, um eine vollständige End-to-End-SPE-Lösung zu entwickeln.

Über den Autor

Chen Zhang ist Leiter des Produktbereichs Connectivity bei Belden in Neckartenzlingen.

Dieser Beitrag stammt von unserem Schwesterportal Elektronikpraxis.

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