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Nick Watson, HPs neuer Networking-Chef für EMEA im IP-Insider-Interview Wie ein Cisco-Insider seinen Ex-Arbeitgeber das Fürchten lehren will

Autor / Redakteur: Bernd Reder / Dipl.-Ing. (FH) Andreas Donner

Mit Nick Watson hat ein ehemaliger Cisco-Manager die Leitung der Netzwerksparte von HP im Raum Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA) übernommen und schickt sich nun an, seinem ehemaligen Arbeitgeber und größtem Konkurrenten von HP weitere Marktanteile abzunehmen. Wie das genau gehen soll, verrät Watson im Gespräch mit IP-Insider.

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Laut Watson wollen Anwender weg von komplexen IT-Infrastrukturen, die sich nur schwer managen lassen. Und genau das komme HP entgegen, dessen Produkte aufeinander abgestimmt seien und sich zentral verwalten lassen, so Nick Watson, der fünfzehn Jahre lang für Cisco Systems tätig war. Zuletzt leitete der Brite bei der US-Firma das strategische Geschäft mit Großkunden.

Nun hat er als Europachef das Ruder bei der Netzwerksparte von HP übernommen. Sein Ziel: Seinem alten Arbeitgeber Marktanteile abzunehmen. Das gelang HP im ersten Quartal denn auch: Nach Angaben der Marktforschungsgesellschaft Dell‘Oro Group verbesserte HP in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres seinen weltweiten Umsatzanteil bei Layer-2- und Layer-3-Switches um 2,5 Prozent auf 12 Prozent.

Während HPs Netzwerksparte im Aufwind ist, kämpft Branchenprimus Cisco gegen den Abwärtstrend. Allerdings war der Hersteller mit 68,5 Prozent im ersten Quartal bei Layer-2/3-Switches ebenso immer noch unangefochtener Marktführer wie bei Routern (54,2 Prozent). Ein Warnsignal ist jedoch, dass Ciscos Marktanteil in beiden Marktsegmenten im Vergleich zu 2010 um rund 6 Prozent sank – vornehmlich zugunsten von HP.

Die Netzwerksparte von HP will sich laut Nick Watson vor allem einen Faktor zunutze machen: den Wunsch von Anwendern, ihre Netzwerkinfrastruktur zu „verschlanken“. Diesen Wunsch kann HP nach eigenen Angaben erfüllen – mit einem umfassenden Portfolio, das vom Server bis zum High-End-Switch reicht, und den dazu passenden zentralen Managementlösungen.

Herr Watson, Sie waren 15 Jahre lang bei Cisco. Warum sind Sie Mitte des Jahres zu HP gewechselt?

Nick Watson: In Gesprächen mit Kunden von Cisco kam immer wieder ein Punkt hoch: die Unzufriedenheit mit der wachsenden Komplexität der IT- und Netzwerkinfrastruktur. Aus diesem Grund sind immer mehr Unternehmen bereit, ihre Multi-Vendor-Strategie aufzugeben, vorausgesetzt, der neue Systemlieferant bietet ihnen Lösungen, mit denen sie ihre IT-Infrastruktur einfacher gestalten können. HP ist der einzige Netzwerkanbieter, der diesen Anspruch erfüllen kann und daher für die Zukunft gerüstet ist. Deshalb nahm ich das Angebot von HP Networking an.

Seit Juni 2011 sind Sie bei HP. War der Wechsel nach 15 Jahren bei Cisco für Sie schwierig?

Nick Watson: Nein, denn ich stellte fest, dass sich Ciscos Firmenkultur stark am Vorbild HP anlehnt. Beide Unternehmen betrachten, im Gegensatz zu einigen anderen IT-Firmen, ihre Mitarbeiter als Basis ihres Erfolges.

Cisco ist nun Ihr direkter Rivale. Wie charakterisieren Sie die aktuelle Konkurrenzsituation?

Nick Watson: Cisco ist nach wie vor unser Hauptkonkurrent, trotz seiner derzeitigen Schwächephase und trotz der Tatsache, dass wir kontinuierlich Marktanteile hinzugewinnen. Eine Stärke von Cisco ist seine Marketing-Macht. In diesem Punkt muss HP Networking noch nachbessern.

Was heißt das konkret?

Nick Watson: HP ist nach wie vor stark auf Technologien fokussiert. Das Unternehmen hat hervorragende Produkte, nicht nur im Bereich Netzwerke, sondern auch in Segmenten wie Server und Systemmanagement. Das müssen wir Anwendern stärker als bislang deutlich machen.

Welche Themen beschäftigen Anwender derzeit am stärksten?

Nick Watson: Ein zentraler Punkt in Gesprächen mit Unternehmen, vor allem größeren Firmen, ist das Problem der ‚Technologie-Silos‘. In den IT-Abteilungen haben sich Gruppen von Spezialisten gebildet, die beispielweise ausschließlich für Netzwerke, Storage-Systeme oder Server und Anwendungen zuständig sind. Die CIOs stehen nun vor dem Problem, dass sie die Kommunikation zwischen diesen Gruppen und den Technologien, die diese Mitarbeiter managen, in Gang bringen müssen. Ansonsten ist es für die IT-Abteilung nicht möglich, als unternehmensinterner Service Provider IT- und Netzwerkdienste in der gewünschten Qualität bereitzustellen.

Wie soll das in der Praxis umgesetzt werden?

Nick Watson: Indem IT-Ressourcen aller Art, Storage, Server und Netzwerke, zentral verwaltet werden. Das ist eine der wichtigsten Forderungen, die Anwender an uns stellen. Sie wollen möglichst alle Komponenten, lokale Netzwerke, Storage-Netze, Wireless LANs und Remote-Verbindungen, mit möglichst geringem Aufwand administrieren. Das ist durchaus nachvollziehbar, wenn Sie an Trends denken wie etwa die Zunahme mobiler Mitarbeiter, die über unterschiedliche Geräte wie Notebooks, Smartphones und Tablet-Rechner auf das Netz zugreifen. Mit ‚FlexNetwork‘ hat HP ein Konzept entwickelt, das diese Anforderungen erfüllt.

Heißt das nicht, dass ein Anwender idealer Weise alle Netzwerkkomponenten, eventuell sogar Clients und Server, von einem Hersteller beziehen muss, damit er dieses zentrale Management implementieren kann?

Nick Watson: Nein, vorausgesetzt, der Anwender setzt Komponenten von Herstellern ein, die sich an Standards orientieren. Unternehmen wünschen sich zwar mehr denn je eine möglichst einfach strukturierte IT- und Netzwerkumgebung. Das heißt jedoch nicht, dass sie sich von einem Anbieter abhängig machen müssen. In vielen Netzwerken koexistieren HP-Systeme mit Komponenten von Cisco, Dell und anderen Anbietern. Daran wird sich auch nichts ändern. Auch FlexNetwork unterstützt das Management von Systemen anderer Anbieter, vorausgesetzt, diese Geräte nutzen keine proprietären Technologien.

Viele große Netzwerkanbieter, auch HP, haben sich in den vergangenen Jahren stark auf Großfirmen konzentriert. Was ist mit dem Mittelstand, der gerade in Deutschland eine große Rolle spielt?

Nick Watson: Das stimmt nicht. HP hat auch dank seiner starken Präsenz in Europa und Deutschland den Mittelstand und kleinere Unternehmen im Auge – stärker als andere Anbieter. Richtig ist, dass ein Mittelständler ganz andere Anforderungen an IT-Systeme und speziell Netzwerkkomponenten stellt. Er erwartet von seinem Lieferanten, dass er ihm mit seinen Systemen dabei hilft, sein Kerngeschäft voranbringen. Er ist daher viel stärker als ein Großunternehmen daran interessiert, Komplettlösungen zu erhalten – Hauptsache, sie funktionieren und entlasten die hausinterne IT-Abteilung.

Wie ist die Situation bei größeren Unternehmen?

Nick Watson: Im Gegensatz zu Mittelständlern haben diese meist eine große IT-Abteilung mit einem entsprechenden Budget. Deshalb neigen Großfirmen eher dazu, Netzwerkkomponenten unterschiedlicher Hersteller zu kaufen und aufeinander abzustimmen. Kleinere und mittelständische Firmen sind eher bereit, auf nur einem Anbieter oder Systemintegrator zu setzen. Für sie spielt es eine untergeordnete Rolle, ob sie sich dadurch an einen Hersteller binden.

Besteht dabei nicht die Gefahr, dass sich ein Unternehmen auf Gedeih und Verderb einem Hersteller ausliefert?

Nick Watson: Nicht, solange sich dieser Hersteller an technologischen Standards orientiert, wie das HP tut. Wir bieten unseren Kunden an, bei ihnen vor Ort ein ‚Proof of Concept‘ durchzuführen. Es soll zum einen belegen, dass unsere Netzwerkprodukte mindestens ebenso leistungsfähig sind wie die von Konkurrenten, aber auch, dass HP-Komponenten mit den Produkten anderer Hersteller zusammenarbeiten. Das ist in mehr als 80 Prozent der Netzwerkumgebungen der Fall, wie diese Tests ergeben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich HP von seinen Konkurrenten differenziert und welche Trends im Bereich Networking für HP aktuell die wichtigsten sind.

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