Definition Was ist eine Videokonferenz?
Die Videokonferenz ermöglicht den Echtzeit-Austausch von zwei oder mehr Teilnehmern an verschiedenen Orten per Audio- und Videokommunikation. Videokonferenzen lassen sich in speziell eingerichteten Räumen oder mit Desktop-Systemen und Mobilgeräten durchführen.
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Bei einer Videokonferenz tauschen sich zwei oder mehr Teilnehmer über Bild- und Tonverbindungen miteinander aus. Die Teilnehmer der Konferenz können sich an völlig unterschiedlichen Orten befinden. Die Übertragung der Daten findet in Echtzeit über ein möglichst breitbandiges, digitales Kommunikationsnetz statt. Häufig kommen IP-Netze und das Internet hierfür zum Einsatz.
Videokonferenzen lassen sich zudem über digitale Telefonnetze wie über das ISDN-Netz und dedizierte Verbindungen wie Satelliten-Verbindungen realisieren. Für die Durchführung einer Videokonferenz können hierfür speziell eingerichtete Räume aber auch Desktop-Systeme, Arbeitsplatzrechner und private Computer, Smartphones oder Tablets verwendet werden. Nötig sind Kameras, Mikrofone, Bildschirme, Lautsprecher und schnelle Netzanbindungen.
Grundsätzlich lässt sich zwischen der Punkt-zu-Punkt-Konferenz zweier Teilnehmern oder Standorte und der Multipoint-Konferenz mehrerer Teilnehmer und Standorte unterscheiden. Für Multipoint-Konferenzen kommt eine Multipoint Control Unit (MCU) als zentrale Sternverteilerinstanz zum Einsatz.
Erste Videokonferenzsysteme wurden bereits vor einigen Jahrzehnten entwickelt und realisiert. Sie waren aufgrund ihrer Kosten und des großen Aufwands nur wenigen Anwendern vorbehalten. Das mobile Internet, hohe Übertragungsraten und moderne Endgeräte wie Smartphones haben stark zur Verbreitung von Videokonferenzen beigetragen.
Prinzipiell ist es heute möglich, über einen schnellen mobilen Internetzugang und das Smartphone von beliebigen Orten aus an einer Videokonferenz teilzunehmen. Darüber hinaus ermöglicht das Internet Zusatzanwendungen wie das Teilen von Bildschirminhalten und die gemeinsame Arbeit an Dokumenten. Eine Videokonferenz mit einem solchen erweiterten Funktionsumfang nennt sich Webkonferenz.
Realisierungsmöglichkeiten für Videokonferenzsysteme
Videokonferenzsysteme sind auf unterschiedliche Weise realisierbar. Im professionellen Umfeld ist das System oft als Raumsystem installiert. Es handelt sich dabei um Räumlichkeiten, die speziell für das Durchführen von Videokonferenzen eingerichtet sind. Die Räume verfügen über leistungsfähige Technik wie Kameras, Raummikrofone und große Monitore. Sie sind mit Konferenzmöbeln, Konferenzequipment und Peripherieeinrichtungen wie zum Beispiel Dokumentenkameras ausgestattet. Zur Durchführung einer Videokonferenz haben die Teilnehmer den Konferenzraum am jeweiligen Ort aufzusuchen.
Bei so genannten Rollabouts oder Settop-Lösungen handelt es sich um Geräte, die als Kompaktsystem konzipiert sind. Sie lassen sich mobil einsetzen und erfordern meist nur noch einen Bildschirm und einen Anschluss an das Kommunikationsnetz. Mit den Settop-Lösungen können Besprechungsräume bei Bedarf schnell zu Videokonferenzräumen erweitert werden. Sie sind aber auch direkt an einem Arbeitsplatz nutzbar.
Moderne Arbeitsplatzrechner verfügen in der Regel über alle für eine Videokonferenz benötigten Komponenten wie Kamera (Webcam), Mikrofon, Lautsprecher, Internetanschluss und Bildschirm. Daher sind sie als Desktopsysteme für Videokonferenzen verwendbar. Sie bieten eine sehr preiswerte Möglichkeit für die Realisierung von Videokonferenzen und haben zusätzlich den Vorteil, dass der Teilnehmer an seinem Arbeitsplatz alle Informationen direkt verfügbar hat. Besonders effizient sind Webkonferenzen über Desktopsysteme, bei denen die Videokonferenz durch zusätzliche Funktionen wie das Teilen und Bearbeiten von gemeinsamen Dokumenten erweiterbar ist. Ebenfalls für Videokonferenzen nutzbar sind mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets.
Abgrenzung der Videokonferenz zur Webkonferenz
Bei einer Webkonferenz handelt es sich um ein virtuelles, über das Internet durchgeführtes Treffen von Teilnehmern an unterschiedlichen Orten. Über den eigenen Bildschirm sehen die Teilnehmer den Desktop oder weitere Informationen der anderen Teilnehmer. Unter anderem ist es möglich, das Live-Bild und den Live-Ton der Teilnehmer zu übertragen. Dies ist jedoch bei einer Webkonferenz im Gegensatz zu einer Videokonferenz nicht zwingend erforderlich. Im Mittelpunkt stehen nicht die Übertragung von Live-Video-Streams der Teilnehmenden, sondern andere Funktionen wie das Teilen des Desktops, die gemeinsame Arbeit an Dokumenten oder ein textbasierter Chat.
Der Moderator der Webkonferenz steuert alle Funktionen und kann seinen oder den Desktop eines anderen Teilnehmers für die Konferenz freischalten. Die Systeme gestatten es zudem, die Rolle des Moderators an eine beliebige Person innerhalb der Konferenz zu übertragen. Viele Webkonferenz-Lösungen ermöglichen es darüber hinaus, per Maus und Tastatur die Kontrolle über einen Desktop eines freigeschalteten Teilnehmers zu erlangen. Wichtige Funktionen von Webkonferenzsystemen sind unter anderem:
- das Teilen von Dateien
- die Freigabe des Desktops
- die Steuerung des Desktops
- die Freigabe von Anwendungen
- die Nutzung von Zeichen- und Markierungstools sowie eines gemeinsamen Whiteboards
- moderierte Chatfunktionen
- Liveübertragung von Video- und Audiodaten
- Übertragung und Wechsel der Moderatorenrolle
- Aufzeichnungsfunktionen
Die Multipoint Control Unit als zentraler Sternverteiler
Eine zentrale Rolle bei Videokonferenzen nimmt die so genannte Multipoint Control Unit (MCU) ein. Eine MCU wird immer dann benötigt, wenn mehr als zwei Teilnehmer an der Konferenz beteiligt sind. Sie agiert als sternförmiger Verteiler und wird auch Reflektor genannt. Um ihre Rolle auszuüben, nimmt sie die Audio- und Videodaten aller Teilnehmer entgegen, verwaltet sie und steuert deren Weitergabe an andere Konferenzmitglieder. Je nach verwendetem Kommunikationsnetz und -protokoll sowie der eingesetzten Videokonferenzlösung kann die MCU software- oder hardwarebasiert realisiert sein.
Zusammen mit dem Gatekeeper regelt die MCU den Verbindungsaufbau der einzelnen Endgeräte zum Sternverteiler. Stammen die Teilnehmer einer Videokonferenz aus unterschiedlichen Netzen, ist zusätzlich zur MCU und zum Gatekeeper ein Gateway erforderlich. Es kann unterschiedliche Protokolle konvertieren und für die Kopplung verschiedener Technologien sorgen. Beispielsweise erfordert die gemeinsame Nutzung von IP- und ISDN-Netzen für eine Videokonferenz ein geeignetes Gateway.
Die Betriebsweise einer MCU kann sich unterscheiden. Häufig kommt der so genannte Continuous-Presence-Mode zum Einsatz, bei dem sich alle Teilnehmer gleichzeitig sehen. Aber auch der Video- und Voice-Switching-Mode ist üblich, der den anderen nur den aktuell sprechenden Teilnehmer anzeigt. Zusätzlich existieren verschiedene Möglichkeiten, die Videoströme zu einem neuen Videobild zusammenzufügen. Es kann zum Beispiel der aktuelle Sprecher größer dargestellt und um Miniaturansichten der gerade passiven Teilnehmer ergänzt werden.
Videokonferenzlösungen aus der Cloud
Die für die Durchführung einer Videokonferenz benötigten zentralen Komponenten wie MCU, Gatekeeper oder Gateways können On-Premises installiert oder als Service aus der Cloud bezogen werden. Im Fall des Cloud-Services benötigt der Anwender nur geeignete Endgeräte und eine Verbindung ausreichender Bandbreite in das Internet. Die Services sind in der Regel über ein einfach und intuitiv bedienbares Webportal bereitgestellt. Über dieses lassen sich Videokonferenzen organisieren und durchführen sowie Teilnehmer einladen. Um die eigentliche Infrastruktur für die Videokonferenz muss sich der Anwender nicht mehr kümmern. Flexible Abrechnungsmodelle, geringe Investitionskosten, die schnelle Bereitstellung von Services und eine gute Skalierbarkeit der Lösung zählen zu den Vorteilen cloudbasierter Videokonferenzlösungen.
Wichtige Protokolle und Standards für Videokonferenzen
Für die Realisierung und Durchführung von Videokonferenzen sind verschiedene Protokolle und Standards definiert. Sie sind für diverse Übertragungstechniken und Kommunikationsnetze verfügbar. Wichtige Standards sind beispielsweise:
- H.320 für die Durchführung von Videokonferenzen über digitale Telefonnetze wie ISDN oder dedizierte Verbindungen wie E1- oder T1-Leitungen
- H.321 zur Spezifikation der Verwendung von ISDN-B-Kanälen für die Multimediadaten der Videokonferenz
- H.322 für die Übertragung der Videokonferenz in Netzen mit garantierter Quality of Service (QoS) wie ATM oder Ethernet
- H.323 für die Übertragung von Multimediadaten in Netzen ohne garantierte Quality of Service wie das Internet
- H.324 für die Übertragung von Multimediadatenströmen in analogen Fernsprechnetzen niedriger Bandbreite (POTS; Plain Old Telephone Service)
- T.120: Kommunikations- und Anwendungsprotokolle für Echtzeit-Datenverbindungen für Multimedia-Konferenzen (zu den T.120-Protkollen gehören zum Beispiel das T.134-Protokoll (Text Chat Applikation) und das T.136-Protokoll (Remote Device Control Application Protocol))
Telepresence – realitätsnahe Videokonferenzen
Eine Sonderform der Videokonferenz stellt Telepresence dar. Telepresence beschreibt eine besonders hochwertige Form der Videokonferenz, bei der großer Wert auf die Realitätsnähe zu einem echten Meeting gelegt wird. Den Teilnehmern soll ein Videokonferenzerlebnis geboten werden, das den Eindruck erweckt, alle Teilnehmer befänden sich tatsächlich in einem Raum. Um diese Illusion zu generieren und um für eine möglichst realitätsnahe Gesprächsatmosphäre zu sorgen, setzt Telepresence hochwertige Technik ein und benötigt breitbandige Übertragungsverfahren.
Die einzelnen Konferenzteilnehmer werden auf großen, hochauflösenden Bildschirmen in Lebensgröße angezeigt. Gesichter, Bewegungen, Gesten und die Mimik der Gesprächsteilnehmer sind sehr gut zu erkennen. Auch die Audioübertragung erfolgt in hoher Qualität. Sie ist zum Bild synchron und nicht von natürlich erzeugter Sprache zu unterscheiden.
Weiteres wichtiges Merkmal von Telepresence ist die realistische räumliche Wahrnehmung der Bild- und Toninformationen. Kameras, Mikrofone, Lautsprecher und Bildschirme sind so angeordnet, dass Bild und Ton jeweils der korrekten räumlichen Richtung zugeordnet werden können. Der Ton ist direkt aus der Richtung des zugehörigen Bildes wahrnehmbar. Die Stimme eines beispielsweise weit links im Raum bildlich dargestellten Sprechers wird über Lautsprecher ganz links ausgestrahlt. Zudem entsteht durch die Anordnung der Kameras und Bildschirme direkter Blickkontakt zwischen den kommunizierenden Teilnehmern.
Ergänzt werden Telepresence-Systeme durch die Möglichkeit der Übertragung weiterer Daten wie Dokumente, Whiteboards, Präsentationen oder Desktop-Inhalte. Ziel ist ein möglichst effektives und realistisches Arbeiten wie in einer Konferenz mit physisch anwesenden Personen.
Gängige Übertragungsprotokolle und Codecs für Telepresence-Lösungen sind die H-Standards wie H.323, SIP und G.711, G.722, AAC oder MPEG4. Durch die Verwendung von Standards lassen viele Telepresence-Systeme herstellerübergreifende Realisierungen zu. Das Kommunikationsnetz muss für Telepresence-Systeme jedoch einige Mindestanforderungen einhalten. So erfordern viele Lösungen Bandbreiten von mindestens zehn Megabit pro Sekunde oder mehr.
Darüber hinaus sind für die Echtzeitkommunikation definierte Verzögerungszeiten einzuhalten und Übertragungszeiten zu erreichen. Damit Anwender die Kommunikation als realistisch empfinden, sollte beispielsweise die Übertragungszeit von Bild und Ton 200 bis 300 Millisekunden nicht überschreiten. Telepresence-Systeme werden von großen, global agierenden Konzernen, staatlichen Einrichtungen oder von Universitäten genutzt und erfordern deutlich höhere finanzielle Aufwendungen als normale Videokonferenzsysteme.
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