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Die (R)Evolution der Rechenzentren; Teil 17 IEEE 802.3ba – 40 GbE ist verfügbar, 100 GbE kommt 2012

Autor / Redakteur: Dr. Franz-Joachim Kauffels / Dipl.-Ing. (FH) Andreas Donner

Wie vom Autor seit 2006 offensichtlich korrekt prognostiziert, ist 2011 das Jahr, in dem 40 GbE-Komponenten weithin verfügbar werden. Alle wichtigen Hersteller haben entsprechende Module angekündigt, Switcharchitekturen wurden neu entworfen, alte Switches nach Möglichkeit nochmals aufgerüstet. Die Frage ist nun, welche der vielen möglichen Varianten haben die Hersteller nun in ihren Produkten verbaut und wie werden die 100G-Varianten in 2012 aussehen?

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Mittlerweile hat sich das Gremium 802.3ba noch mehrfach getroffen und eine erhebliche Ausdünnung und Konkretisierung bezüglich der zu erwartenden Standards vorgenommen. Folgendes wurde definiert:

  • 40 GBASE-SR serielle Übertragung mit 40 Gb VCSEL bei 850 nm und einer Reichweite von ca. 200 m auf OM-3-Multimode-Faser und ca. 300 m auf OM-4 Multimode-Faser. Die bei 10 GBASE-LRM angewendete Kompensationstechnik ist hier bereits berücksichtigt, eine Variante mit 4 CWDM-Kanälen oder parallelen Fasern ist eher unwahrscheinlich.
  • 40 GBASE-LR4 parallele CWDM-Übertragung von vier Kanälen auf einer Single-Mode-Faser bei einer Reichweite von 10 km. Diese Variante ist am weitesten gediehen und wird 2 XENPAK-Formate benötigen. Sie wird etwa das 2,6 bis 4-fache eines 10 GBASE-LR4 kosten. Die Variante ist praktisch sofort verfügbar.
  • 40 GBASE-SR4 Übertragung auf 4 Kanälen mit jeweils 10 G über mindestens 10 m. Dazu benötigt man 2 X 4 Leitungen, z.B. OM-3-Fasern

40 GBASE-LR4 ist die Variante, die aufgrund der Voraussetzungen durch 10 GBASE-LR am schnellsten realisiert werden konnte. Abbildung 1 zeigt warum: es werden jeweils vier Sende- bzw. Empfangseinheiten (für je 10 GbE) geeignet zusammengefasst. Jeder Sender sendet auf einer anderen Frequenz und die entstehenden Signale werden mit einem einfachen integrierten WDM-Multiplexer, einem Phasar, zusammengefasst.

Einen Phasar kann man sich vereinfacht als Prisma vorstellen. Das Prisma bricht weißes Licht in sein Spektrum auf. Man kann das Prisma aber auch umgedreht verwenden und aus Licht unterschiedlicher Wellenlänge ein Mischsignal erzeugen. Genauso leicht lässt sich ein empfangenes Signal in vier Ströme zerlegen. Bild 2 zeigt die benutzten Wellenlängenbereiche für ein CWDM-System nach ITU G.694.2 Spezifikation. Die Wellenlängen sind 1271, 1291, 1311 und 1331 nm, der Sende- und Empfangs-Wellenlängenbereich beträgt 13 nm. Das System verträgt einen Maximalen Verlust von 4,7 dB auf 10 km. Das führt zu dem in Abbildung 3 dargestellten Link Power Budget.

40 GBASE-LR serielle Übertragung mit einem DFB-Laser auf einer Single-Mode-Faser bei einer Reichweite von 10 km.

Diese Variante ist noch nicht sofort verfügbar, wegen der schlechten Akzeptanz der 10 GBASE CWDM-Variante traut man ihr aber ein höheres Potential zu. Sie benötigt am Anfang 2 XENPAK-Formate, das lässt sich aber via X2 innerhalb von nur drei Jahren auf QSFP mit 82 X 16 mm herunterbringen. In dieser Zeit wird der DFB-Laser durch eine direkt modulierte VCSEL ersetzt. Dadurch fallen die Kosten von aktuell 6 X 10 GBASE-LR auf ca. 1,5 X 10 GBASE-LR. Die Abbildung 4 zeigt ein prinzipielles Schaltbild.

Zur ECOC 2008 zeigte die Firma Finisar bereits einen Prototyp zu 40 GBASE-LR4. Der Komponentenhersteller Avago zeigten schon 40 GbE-Module im winzigen QSF-Formfaktor Gehäuse. Interessanterweise reicht auch hier eine OM2-MMF für die SR-Version. Siehe hierzu auch Abbildungen 5 und 6.

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Die 100 GbE-Varianten für Corporate Networks

Kommen wir zu den 100G-Varianten. Hier unterscheiden wir zwischen denen, die für Corporate Networks besonders interessant sind und denen für Provider Netze. Aus historischen Gründen haben die Provider-Varianten ein bis zwei Jahre Entwicklungsvorsprung.

100 GBASE-CR10 Übertragung auf 10 Kanälen mit jeweils 10 G über mindestens 10 m. Dazu benötigt man 2 X 10 Leitungen.

Diese Version wurde zwar im Standard definiert und es gibt auch Hersteller, die entsprechende Stecker gezeigt haben. Insgesamt ist das aber eine eher an den Haaren herbeigezogene exotische Variante. Ein Transceiver besteht dann aus 10 nebeneinandergepappten elektrischen 10 GBASE-CX Transceivern.

100 GBASE-SR10 optische Übertragung auf 10 Kanälen mit jeweils 10 G über mindestens 100 m OM-3 MMF. Man benötigt 2 X 10 Fasern.

Diese Variante ist nur unwesentlich eleganter als das CR-Pendant. Es gibt aber durchaus normierte Bündelfaserbauarten mit z.B. 24 Fasern, die das unterstützen. Auch hier wurden entsprechende Stecker gezeigt und das Ganze macht einen so fertigen Gesamteindruck, dass man annehmen kann, dass es auch in Stückzahl gebaut und eingesetzt wird.

Von der Verkabelung her ergeben sich eigentlich keine wesentlichen Vorteile gegenüber 10 X 10 GbE, aber die Anzahl der Wartungspunkte verringert sich um den Faktor 10 und der Stromverbrauch um den Faktor 6 bis 7. Werden derartige Komponenten preiswert angeboten, reicht alleine das für einen möglichen sinnvollen Einsatz. Abb. 7 zeigt die Grundkonstruktion für 100 und 40 GbE. Die Transmitterspezifikationen sind dann natürlich harmlos und entsprechen im Wesentlichen denen von 10 GBASE-SR, siehe Abb. 8. Auch der Receiver stellt die Konstrukteure nicht wirklich auf den Prüfstand, siehe Abb. 9.

Selbst unter pessimistischen Annahmen ergibt sich die Reichweite von zwei bis 100 m über 2.000 MHz*km OM-3 MMF; siehe Abbildung 10.

Der Hersteller Reflex Photonics war Ende März 2010 tatsächlich so freundlich, schon einen entsprechenden Transceiver vorzustellen. Wir können ihn also hier zeigen; siehe Abbildung 11.

Der Transceiver hat einen Anschluss für ein genormtes Ribbon Cable mit 24 MMFs. Er arbeitet besonders energieeffizient und verbraucht weniger als 8 Watt, das ist also nur unwesentlich mehr als ein einzelner 10-G-Adapter. Man kann abschätzen, dass ein mit diesem Transceiver ausgestatteter 100 GBASE-SR 10 Adapter höchstens 12 bis 15 Watt verbrauchen wird, also etwa so viel wie drei in dieser Hinsicht sparsame 10 G-Adapter. Der Witz an diesem Transceiver ist, dass er mit einem VCSEL-Feld arbeitet. Die Vorzüge von VCSEL-Feldern wurden im letzten Kapitel ja ausführlich beschrieben. Die Blockschaltung zeigt Abb. 12.

Durch die VCSEL-Felder lässt sich der Adapter alternativ als 10X10 G oder als 1 X 100 G Transceiver betreiben. Das ist z.B. sehr interessant für eine Integration in Blade Systeme, weil man dann einfach jedem Prozessor Blade einen eigenen 10G-Kanal geben kann und sich im Blade System oder ToR nicht um ein „Zusammenswitchen“ bemühen muss.

Der Transceiver überwindet mindestens 100m auf OM3 Ribbon Cable. So gibt es der Hersteller an. Mit einem OM4 Ribbon Cable lassen sich aber sicher mehr als 200m voneinander entfernte Geräte verbinden, würde Reflex Photonics noch LRM-Schaltungen einbringen, kämen wir auf ca. 600m.

Von außen sieht der Transceiver sehr unspektakulär aus, wie eine Tafel Schokolade aus Aluminium, auch mit diesen Abmessungen. Das wird nicht so bleiben, der nächstkleinere Formfaktor ruft schon laut.

Preiswerte Corporate-Network-Lösung

Das Wichtige an diesem Transceiver ist aber, dass er zeigt, dass 100 GBASE-SR10 als preiswerte Lösung für Corporate Networks verfügbar ist.

Wie kommt ein solcher Transceiver nun in unsere Netze? Naja, durch Kooperationen. Reflex Photonics arbeitet eng mit Infinera zusammen, und Infinera arbeitet eng mit Juniper zusammen. Da Juniper schon einen 100 G-Adapter für Provider-Zwecke hat, der die gesamte notwendige Logik in den spezialisierten 50 G ASIC-Steuerprozessoren besitzt, ist es sehr wahrscheinlich, dass Juniper diesen Transceiver mit dem Rest vom Provider-Board kombiniert, um schnell und kostengünstig eine Lösung für Corporate Networks, hier besonders für die Inter Switch Links der Virtual Chassis, bauen und anbieten zu können.

100 GBASE-SR4 parallele CWDM-Übertragung von 4 Lanes mit je 25 Gbit/s. auf einer Monomode-Faser um 850 nm herum bei einer Reichweite von einigen Hundert Metern.

Diese Variante ist wegen der verfügbaren 30 Gbit/s. VCSELs sehr weit gediehen, gehört aber schon zu denen, die im Standard nicht explizit erwähnt werden. Die Kosten werden 5-6 X 10 GBASE-SR betragen, lieferbar ab Mitte. 2011