NetEvents EMEA IT Spotlight 2019 Ein alternativer Blick auf den 5G-Hype
Abseits von Marketingblabla und dem knapp 40 Kilometer entfernten Barcelona haben im Mai Journalisten, Analysten sowie Hersteller miteinander diskutiert – und dabei auch die verbreitetsten Verheißungen des Hypes um 5G zerpflückt.
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Im Mai haben die NetEvents-Organisatoren erneut ausgesuchte Medienvertreter, Branchenkenner und Anbieter zusammengebracht – um im spanischen Sitges intensiv über aktuelle IT-Trends zu diskutieren. Zu diesen zählte auch der Hype um den kommenden Mobilfunkstandard 5G. Und den solle man am besten gleich wieder vergessen – meinte Ian Keene, scheidender VP Analyst bei Gartner.
Gedämpfter Hype um 5G
In seinem Vortrag machte der Experte klar: Wenn die typischen Einsatzfelder von 5G beworben werden, geht es in erste Linie um das Geldverdienen. Denn schon mit bisherigen Technologien ließen sich zahlreiche Anwendungen umsetzen: Überarbeitete Small Cells für 4G könnten mehr Bandbreite als bisher liefern; LoRa, Sigfox oder auf LTE basierende Narrowband-Verfahren taugen für IoT-Anwendungen; Huawei habe zudem schon demonstriert, dass ein angepasstes 4G ähnlich niedrige Latenzen wie 5G liefere.
Die Frage nach dem größten Reiz von 5G beantwortet Keene mit Blick auf die verfügbaren Frequenzen. So gäben Regulatoren etwa neue Bänder unterhalb von zwei Gigahertz frei. In Europa würden zudem zahlreiche Frequenzen im Bereich um 3,5 Gigahertz vergeben. In Verbindung mit MIMO-Antennenarrays könnten Betreiber so die Kapazität ihrer Netze kostengünstiger steigern als mit den oben genannten Small Cells.
Fixed Wireless in Europa wohl keine Option
Den in den USA beobachtbaren Überlegungen zu Fixed Wireless über das höhere 28-GHz-Band könnten europäische Betreiber laut Keene übrigens nichts abgewinnen. In Gesprächen hätten die hiesigen Anbieter klargemacht: Breitband ist in Europa so günstig zu haben, dass sich der Aufbau entsprechender Netze nicht lohne.
SD-WAN als Treiber, Einnahmequellen unsicher
Atchison Frazer – Global Head of Marketing bei Versa Networks – erkennt in 5G einen gewaltigen Treiber für Software-Defined Networks (SD-WAN). In beschränktem Umfang könne man zwar bereits jetzt Netzwerke so konfektionieren, dass beispielsweise die Anbindung von Gast-WLANs und Kassensystemen im Einzelhandel getrennt behandelt werden. Mit dem Network Slicing von 5G sei das jedoch noch viel granularer und bis zur Ebene von Microservices möglich.
Alles in allem schienen sich die Experten jedoch einig, dass mit 5G zunächst einmal höhere Bandbreiten und geringere Übertragungskosten pro Byte kommen. IDC Research Manager Kevin Restivo sprach dabei von einer Art „4G plus“. Die vielfach geschürten Erwartung auf revolutionäre Anwendungen sollte man zunächst aber wohl noch dämpfen und auf einen folgenden Iterationsschritt von 5G verschieben. Als schwierig gilt wohl auch noch, Unternehmen wirklich dazu zu bewegen, mehr Geld als bisher für die mit 5G unterstützten Anwendungen im Umfeld von Network Slicing und Edge Computing auszugeben.
Muss China oder Indien das IIoT standardisieren?
Ein weiterer Schwerpunkt des NetEvents-Treffens war das Thema Sicherheit. Auch hier nahmen die Anwesenden kein Blatt vor den Mund und näherten sich der Problematik umfassend an – soll heißen: Sicherheit und Netzwerk wurden gemeinsam betrachtet.
Beim Thema IIoT konstatierte an Keene ein komplettes Durcheinander auf dem Markt. Es gebe zahlreiche Sicherheitsprobleme und „100 Ansätze, Dinge umzusetzen“. Was fehle seien derweil Regulierung und Standardisierung. Vielleicht, so Keene weiter, müsse erst ein Land mit der Größe Indiens oder Chinas für eine entsprechende Standardisierung sorgen und damit Ordnung in den Markt bringen.
Ganzheitliche Netzwerksicherheit
Diskutiert wurden zudem die Sicherheitsanforderungen an aktuelle Unternehmensnetze. Hierbei machte Joe Baguley – CTO und Vice President, EMEA, VMware – unmissverständlich klar, warum klassische Perimeter, oft zu Unrecht beworbene Application Awareness oder Deep Packet Inspection dem Wesen moderner Anwendungen nicht mehr gerecht würden – weil sich diese aus verschiedenen, verteilten Komponenten zusammensetzen.
Was es stattdessen brauche, sei ein Verständnis des „known good“ – also dem zu erwartenden Verhalten einer einwandfrei laufenden Applikation. Per Machine Learning ließen sich Anomalien herausfinden, etwa wenn ungewöhnliche Komponenten angesprochen oder Dateisysteme plötzlich verschlüsselt werden. Die Hypervisoren des Unternehmens böten hierfür die passende Plattform.
Den von Baguley beschriebenen, inhärenten Sicherheitsgedanken verfolgen übrigens auch andere Hersteller. So präsentierte der Switch-Hersteller Mellanox in Sitges beispielsweise eine in ASIC eingebaute Telemetriefunktion. Mit dem „What Just Happened“ genannten Feature gerüstet, überwachen Switches alle Ports gleichzeitig und erfassen dabei verworfene Pakete.
Atchison Frazer betonte, das sich das SD-WAN-Angebot von Versa Networks gerade durch die eingebauten Sicherheitsfeatures vom Wettbewerb unterscheide.
Das Start-up Hotshot Technolgies präsentierte derweil eine Messaginglösung. Die verschlüssele übertragene Nachrichten nicht nur. Zudem sorgt das Produkt per Geofencing dafür, dass Informationen nicht außerhalb bestimmter Umgebungen auf mobilen Endgeräten angezeigt werden – beispielsweise, wenn Mitarbeiter den Geltungsbereich der DSGVO verlassen.
Transparenzhinweis:Der Autor reiste auf Einladung und Kosten von NetEvents International zur Veranstaltung.
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