Eine Lanze für offene Schnittstellen brechen Chancen und Hürden: So klappt's mit dem Smart Home
Mehr und mehr IT-Hersteller und Partner interessieren sich für das Geschäft mit dem Smart Home. Wo liegen Schnittstellen zu Elektro-Installateuren? Welche Hürden gilt es zu überwinden? Und: Wie spreche ich Kunden erfolgreich an?
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Sie fahren nachts durch eine Ortschaft. Sobald sie das Ortsschild passieren, drückt der Reifen ihres Autos auf einen in der Straße eingelassenen Sensor. Durch den entstehenden Druck wird dieser aktiviert und schickt ein Funksignal zur Straßenbeleuchtung, die sich augenblicklich einschaltet.
Die Lösung, für die der Hersteller Agora Energy mit dem Smart-Grids-Award ausgezeichnet wurde, arbeitet mit batterieloser Funktechnologie von Enocean. Und dies ist nur eines von zahlreichen möglichen Szenarien, mit denen sich künftig Strom, Energie und Nerven sparen lassen. Nicht nur im öffentlichen Leben, auch in Unternehmen und Privathaushalte ziehen intelligente Gebäudesteuerungen ein.
Bis zum Jahr 2017 soll der Anteil der Smart Homes in Deutschland auf mehr als 20 Prozent steigen. Dies prognostiziert der „Smart Home Systems and Service Forecast/Germany“ der Analysten von Strategy Analytics. Ein Milliardengeschäft für Hersteller und deren Partner. Capgemini Consulting fand in einer Umfrage heraus, dass mehr als 65 Prozent von 500 Befragten Smart-Home-Angebote attraktiv finden. Bei rund 40 Millionen Haushalten in Deutschland, ergibt sich daraus ein Riesenmarkt.
Technik ist vorhanden...
Dieser könnte mit heutigen Technologien komplett bedient werden. Bis vor einigen Jahren konnte man sein Heim nur vernetzen, wenn man viele Kabel legte. Heute geht das auch über Funk. Somit können auch ältere Häuser und Mietwohnungen mit Smart-Home-Technologie ausgestattet werden.
Ein Nachteil vieler funkbasierter Lösungen: Sie benötigen Batterien. Bei rund 20 drahtlosen Einheiten mit je zwei Batterien in einem Haus müsste man im Schnitt einmal im Monat zwei Batterien wechseln. Diese Rechnung kann Hersteller Enocean ganz beruhigt aufstellen. Denn dank seiner batterielosen Funktechnologie entfällt diese Sisyphusarbeit.
Die Funkmodule des Herstellers arbeiten zum Beispiel mit einem elektrodynamischen Energiegenerator. Dieser erzeugt durch den Fingerdruck auf den Taster Energie für die Signale. Enocean hat aber auch Varianten im Portfolio, die mit Solarmodulen ausgestattet sind, oder die Heizungswärme in Elektrizität umwandeln und speichern.
... Partner kommen langsam
Bislang war die Heimvernetzung fest in der Hand von Elektro-Fachbetrieben, nun drängen auch die IT-Hersteller und deren Partner in den Markt. Armin Anders, Vice President und Mitbegründer von Enocean: „Wir stellen die Funkmodule zur Verfügung, die unsere Partner wie Eltako oder Thermokon in ihre Produkte wie zum Beispiel Taster und Sensoren einbauen. Diesem System kann dann ein Datensammler, ein so genanntes Gateway, hinzugefügt werden – und hier haben wir dann die Schnittstelle zur IT.“ Das Gateway verfügt darüber hinaus noch über eine Schnittstelle ins Internet, und mit Hilfe von Apps können so die Sensoren ferngesteuert werden.
Anders bricht dabei eine Lanze für ein offenes System: „Das Thema Smart Home kann nur über offene Schnittstellen funktionieren, wie wir von Enocean diese bieten. Denn hier spielen viele unterschiedliche Kompetenzen eine Rolle. Ein IT-Dienstleister und ein Elektro-Installateur kommen aus zwei völlig unterschiedlichen Welten, die können nur über offene Schnittstellen kommunizieren. Künftig wird man wohl mindestens zwei Funktechnologien innerhalb eines Smart Homes benötigen. Eine, die hohe Datenraten übertragen kann – da hat sich WLAN etabliert. Und eine zweite, die mit möglichst wenig Energie auskommt, wie das zum Beispiel unsere Module gewährleisten.“ Über ein Gateway können diese beiden Übertragungsstandards dann zusammengeführt und mit Hilfe von Apps zentral gesteuert werden.
Offenen Standards gehört die Zukunft
Aus diesem Grund sieht der Enocean-Mitgründer auch wenig Chancen für so genannte Closed-Shop-Systeme, also in sich geschlossene Systeme, wie sie von zahlreichen Anbietern im Moment im Markt positioniert werden. „Ich glaube nicht, dass das nachhaltig ist. Denn spätestens wenn jemand sein gesamtes Haus damit ausrüsten möchte, stößt er an die Grenzen dieser Systeme, die keine offenen Schnittstellen besitzen. Da braucht man einen Produkt-Katalog mit mehr als 1.000 Bestellpositionen. Da können nicht interoperable Starter-Packs nicht mithalten.“ Dennoch haben die Starter-Packs einen Vorteil: Sie bereiten den Markt, ziehen die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich und wecken Begehrlichkeiten.
Neben der Vielfalt der Produkte vom Einfachrahmen über Aktoren, Jalousiensteuerungen und vielem mehr, gibt es noch ein weiteres Indiz für nachhaltige Systeme: einen langen Lebenszyklus. „In der Elektrobranche kennt man Produktzyklen von zehn bis 20 Jahren. Die Protokolle sind hier daher immer rückwärtskompatibel ausgelegt. Selbst wenn sie ein neues Gerät definieren, werden die alten Funktionalitäten unterstützt.“
Das Ganze hat dann natürlich seinen Preis, auch wenn man die Kosten relativieren muss, wie Anders findet: „Wenn ich neu baue, dann benötige ich zum Beispiel sowieso Rohrmotoren für die Jalousie. Wenn man daran dann ein Enocean-Modul anbringt, sind die Kosten dafür vergleichsweise gering.“ Rüstet man ein bestehendes System auf, so benötigt man laut Anders nur noch ein Gateway, das die Systeme ansteuert.
Sicherheit als Markttreiber
Neben den Starter-Packs gibt es aber noch andere heiße Themen im Smart-Home-Markt. „Ich glaube, dass die Alarmanlagen-Funktion ein wesentlicher Treiber ist. Und es ist wunderbar, wenn in komfortable Smart-Home-Lösungen Notrufsysteme einfach und bedarfsgerecht integriert werden können. Denn wer hängt sich denn einen Knopf um, nach dem Motto „Ich bin alt und gebrechlich“. Wenn man dies aber smart integrieren kann, dann werden auch diese Hausnotrufsysteme besser angenommen.“
Auch das Thema Datensicherheit ist bei den Herstellern von Smart-Home-Lösungen angekommen. „Die Daten die gesammelt werden, bleiben beim Kunden und werden lokal vorgehalten. Eine Schnittstelle nach draußen gibt es nur, wenn der Kunde das möchte“, beschreibt Anders die Ist-Situation. Dies könnte sich ändern. „Künftig könnte es ein Gateway geben, das mittels gesicherter Kommunikation die Daten in der Cloud speichert. Das geht allerdings erst dann, wenn die IT diese Kommunikation sicher gestalten kann.“
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